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Reptilien und Kinder

Gleich vorweg: Reptilien - gerade Leopardgeckos - können durchaus gut von Kindern gepflegt werden. Ob ein Kind als Halterin bzw. Halter geeignet ist oder nicht, können Sie als Eltern wohl am besten abschätzen. Sollten Sie und Ihr Kind sich zur Pflege von Geckos entschliessen, ist es essentiell, dass auch Sie sich im Vorfeld gewissenhaft mit den neuen Mitbewohnern auseinandersetzen und Ihr Kind bei der Pflege aktiv unterstützen. Nachfolgend sind einige Fakten und Gedanken zu diesem Thema genauer erläutert. Sollten Sie weiterführende Fragen haben, kontaktieren Sie uns ungeniert.

Von Zeit zu Zeit darf Jael ihren Gecko namens Helga auch vorsichtig auf der Hand halten. Dies bleibt aber die Ausnahme, denn am wohlsten fühlen sich Leopardgeckos im Terrarium.

 

Bilder: C. H.

Ich kann mich noch ganz genau an den Moment erinnern, in welchem ich das erste Mal eine Zauneidechse sah. Wie jeden Tag kam ich auf meinem Weg in den Kindergarten an einer Bahnböschung vorbei. Plötzlich raschelte es. Als ich die Quelle dieses seltsamen Geräuschs suchte, sah ich es: Ein prächtiges, grün leuchtendes Zauneidechsen-Männchen. Ab diesem Moment war es um mich geschehen.

Zuvor fand ich Dinosaurier und deren Versteinerungen ziemlich cool. Aber dieser kleine, lebende Dino stellte alles, was ich in meinem noch jungen Leben bisher gesehen hatte, in den Schatten.

So wie mir vor über zwanzig Jahren geht es vielen Kindern. Reptilien scheinen gerade auf junge Menschen eine grosse Faszination auszuüben. Das Krokodil im Zoo, die Kornnatter in der Schule oder die Schildkröte der Nachbarn sind spannende, nicht ganz alltägliche Tiere. Und so kommt es, dass viele Kinder und Jugendliche sich irgendwann ein Reptil als Haustier wünschen. Gerade Leopardgeckos sind bei Kindern oft sehr beliebt, weil sie einerseits überall anzutreffen sind, den Ruf eines geeigneten Einsteiger-Reptils haben und ausserdem einfach irgendwie süss aussehen.  

 

Reptilien sind sicherlich keine klassischen Haustiere wie Hund, Katze, Hamster und Meerschweinchen, die sich in manchen Haushalten relativ frei bewegen können und dabei nicht selten auch die Nähe der menschlichen Bewohner suchen. Eigentlich wäre es daher treffender, Reptilien als "Heimtiere" zu bezeichnen. Denn egal wie zahm und zutraulich Reptilien auf den ersten Blick wirken mögen: Es sind und bleiben Wildtiere, die sich in ihrem Terrarium oder Freilandgehege viel wohler fühlen denn als Kuscheltierchen im Kinderzimmer.

Reptilien suchen die Nähe des Menschen nicht. Die Bartagame, die beim Betreten des Zimmers sofort an die Terrarienscheibe stürmt und hektisch an der Glasscheibe kratzt, will nicht kuscheln und freut sich auch nicht darüber, dass "Herrchen" oder "Frauchen" nach einem langen Arbeitstag endlich wieder zuhause ist. Obschon ich die Erfahrung gemacht habe, dass manche Reptilien den einen Menschen vom anderen unterscheiden können. Trotzdem: Die Bartagame hat durch Konditionierung gelernt, dass ihr dieses Ding, das gerade ins Zimmer kommt, Futter bringt. Gerne würde ich Ihnen, werte Leserin und werter Leser, von herzerwärmenden Kuschelepisoden erzählen. Doch das wäre schlicht gelogen. Daher gehören Reptilien in ein möglichst artgerechtes, gut eingerichtetes Terrarium oder Freilandgehege, wo man sie beobachten und sich an ihrer interessanten Verhaltensweise erfreuen kann. Das muss auch Ihrem Kind klar sein, wenn es sich ein Reptil als Heimtier wünscht.

 

Für einige Mütter und Väter ist die Vorstellung, dass Godzilla bald ins traute Heim einziehen soll, ein regelrechter Albtraum. Manch einer sieht Reptilien als gefährliche Ungeheuer, die unbedingt von Kindern fernzuhalten sind. Fernsehsendungen mit vielsagenden Titeln wie "Killer Instinct" oder Filme wie "Jurassic Park" und "Anaconda" steuern dann einige Vorurteile bei. Die Angst vor Reptilien - insbesondere Schlangen - hat dabei verhaltensbiologisch gesehen durchaus ihre Gründe. Für unsere Vorfahren vor einigen tausend Jahren war es wichtig, eventuell lebensgefährlichen Tieren so gut wie möglich auszuweichen - egal ob es sich um eine ungiftige Ringelnatter oder eine giftige Aspisviper handelte.

Alpenviper (Vipera aspis atra)

Alpenviper (Vipera aspis atra) im Berner Oberland

Ringelnatter (Natrix natrix natrix)

Ringelnatter (Natrix natrix natrix) im Kt. Thurgau

Reptilien - insbesondere Schlangen - geniessen leider nicht immer den besten Ruf. Giftigen Reptilien, wie der Alpenviper (Aspisviper), begegnet man in der Schweiz nur sehr selten. Sie ziehen sich wann immer möglich zurück, sobald Menschen sie stören. Häufiger ist die ungiftige Ringelnatter anzutreffen. Beide Arten sind in der Schweiz vom Aussterben bedroht und stehen unter strengem Schutz. Leopardgeckos gehören zu den absolut ungiftigen und harmlosen Reptilien.

Bilder: Michael Schmid

Faktisch sind die allermeisten Reptilien absolut harmlos und nicht aggressiv. Und selbst wenn die Kornnatter einmal nach jemandem schnappen sollte, bleibt ein Biss ohne Folgen. Auch die zu den Riesenschlangen gehörende Königspython ist harmlos. Gefährlich wird's dann eher bei wirklich grossen Riesenschlangen, Giftschlangen oder Krokodilen. Jedoch wird wohl kaum eine Mutter oder ein Vater auf die Idee kommen, ein Krokodil im Kinderzimmer zu halten. Diese und ein paar weitere Reptilien benötigen im Übrigen eine Haltebewilligung und sind nicht einfach so zu bekommen.

Die einzig mögliche Gefahr, die von Reptilien ausgehen kann, sind übertragbare Krankheiten. An erster Stelle sind hier wohl Salmonellen zu erwähnen. Genau wie andere Haus- und Heimtiere auch, können Reptilien Salmonellen auf Menschen übertragen. Gerade Schildkröten, die sich üblicherweise den Sommer über im Freien aufhalten, können Träger sein. 

Daher ist es wichtig, nach jedem physischen Kontakt mit den Tieren, Exkrementen oder Einrichtungsgegenständen im Terrarium die Hände gut und gründlich mit warmem Wasser und Seife zu waschen. Selbstverständlich erübrigt sich hier auch die Frage, ob man dem Tierchen mal ein Küsschen geben darf: Nein, das dürfen gerade Kinder nicht.

Anfällig für Salmonelleninfektionen sind meist junge, alte, schwangere und immunsupprimierte (Patienten mit abgeschwächter Immunreaktion) Menschen. Kinder von 0 bis 5 Jahre sollten also möglichst nicht in direkten Kontakt mit Reptilien kommen.

 

Die grössten Bedenken hatte meine Mutter übrigens bezüglich des Geruchs. Zoos und Zoofachhandlungen haben manchmal ihren eigenen Duft, den nicht jeder und jede auch bei sich zuhause haben möchte.

Gerade bei trockenen Terrarien wie jenen des Leopardgeckos, entsteht bei regelmässiger Pflege kaum ein Geruch. Dafür bedüfte es einige Terrarien auf engem Raum. Die einzige Gelegenheit, bei welcher kurz ein Düftchen entstehen kann ist, wenn der Bodengrund angefeuchtet wird. Dies wird beim Leopardgecko allerdings selten gemacht, sodass eine Geruchsentwicklung ebenso selten der Fall sein wird.

 

Pädagogisch gesehen kann die Pflege eines Reptils wie des Leopardgeckos durchaus Sinn machen. Meine Eltern berichteten mir, dass ich als Kind plötzlich selbst Verantwortung einem anderen Lebewesen gegenüber übernahm und mich mit dessen Bedürfnissen auseinandersetzte. Das ist auch die Erfahrung anderer Eltern, mit denen ich über dieses Thema gesprochen habe. Allerdings gibt es auch jene Fälle, in welchen nach kurzer Zeit das Interesse am Reptil erlosch und sich am Ende die Eltern um das Tier zu kümmern hatten. Selbstverständlich kann dies bei keinem Kind ausgeschlossen werden. Dennoch ist es ratsam, mit dem Kind über die Verantwortung gegenüber dem Tier zu sprechen und vor allem nicht auf die Schnelle ein Haus- oder Heimtier anzuschaffen. Beobachten Sie Ihr Kind und prüfen Sie, ob das Interesse auch nach einigen Monaten ungebrochen ist. So sparen Sie sich unter Umständen Versorgungsstress für einen ungewollten Mitbewohner und letztlich natürlich auch Geld. Die Anschaffungskosten für Reptilien sind nämlich teilweise nicht unerheblich. Leider gibt es auch hierzulande Züchter, die mit ihren Nachzuchten gerne Kinder und Jugendliche bewerben und dabei gar aktiv Tipps zum Überreden der Eltern geben. Wir distanzieren uns von solch einer Vorgehensweise. Dem Tier und den Eltern zuliebe.

Versorgen Sie Ihr Kind mit viel Literatur und recherchieren sie mit ihr/ihm zusammen auch im Internet - beispielsweise auch auf unserer Webseite. Die Planung eines optimalen Terrariums kann pädagogisch ebenfalls wertvoll sein und macht obendrein Spass.

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